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Recep Tayyip Erdogan FDP-Chef Lindner nennt Staatsbesuch "Propagandasieg"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kommt nach Deutschland - und wird mit militärischen Ehren empfangen. Das sorgt für Kritik. Besonders deutlich hat sich FDP-Chef Christian Lindner geäußert.
FDP-Chef Christian Lindner

FDP-Chef Christian Lindner

Foto: Jens Büttner/ dpa

Es ist ein protokollarisch vorgesehener Empfang bei Staatsbesuchen - Begrüßung durch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, roter Teppich, militärische Ehren, ein Staatsbankett. So soll auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan empfangen werden, wenn er Ende September nach Deutschland kommt. Doch die Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei führen zu Kritik am üblichen Prozedere. FDP-Chef Christian Lindner hat die Pläne der Regierung nun scharf kritisiert.

"Propagandasieg"

Dieses Format wirke "wie ein Propagandasieg" für Erdogan und dessen islamisch-konservative Regierungspartei, sagte Lindner der Nachrichtenagentur dpa. Besser wäre ein reiner Arbeitsbesuch, fügte er an. "Ich halte einen Staatsbesuch mit militärischen Ehren, Staatsbankett und all diesen Symbolen nicht für das richtige Signal, nachdem es immer noch in der Türkei inhaftierte Journalisten gibt, auch nach all den Verwünschungen Deutschlands aus Ankara."

Dadurch werde Erdogan aufgewertet in seinen Bemühungen, "aus seinem Land eine Präsidialdiktatur zu machen". Das neu eingeführte Präsidialsystem in der Türkei stattet Erdogan mit großer Macht aus. Er kann unter anderem per Dekret regieren, viele Posten im Justizsystem besetzen und seine Vizepräsidenten allein bestimmten.

FDP-Integrationsminister Stamp äußerte sich kürzlich anders

Zugleich betonte Lindner, Kontakte zur türkischen Regierung seien wichtig. "Mit Herrn Erdogan muss man sprechen. Die Türkei ist in Sicherheitsfragen ein Partner in der Nato, eine regional bedeutende Macht, die auch in der deutschen Innenpolitik eine Rolle spielt, weil wir eine große aus der Türkei stammende Gemeinschaft bei uns haben."

Von der Bundesregierung erwarte er bei Erdogans Besuch klare Worte zur Menschen- und Bürgerrechtssituation in der Türkei, sagte der FDP-Chef. "Zweitens muss durch ein ausdrückliches Auftrittsverbot unterbunden werden, dass es hier spalterische Aktionen gibt und Erdogan bei uns AKP-Propaganda macht." Der Besuch sei auch ein Anlass für die Bundesregierung, sich gegen einen EU-Beitritt der Türkei auszusprechen. An dessen Stelle solle ein Grundlagenvertrag treten, forderte Lindner.

Während Lindner den Besuch jetzt kritisierte, hatte vergangene Woche der FDP-Politiker und Vize-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp, dem SPIEGEL zum anstehenden Besuch Erdogans erklärt, die Aufregung über das Protokoll nutze am Ende nur Erdogan. "Entscheidend ist, dass in den politischen Gesprächen unmissverständlich die Menschenrechtssituation in der Türkei angesprochen wird", mahnte der NRW-Integrationsminister (Lesen Sie hier weiteres).

Grünen-Politiker Özdemir: Bundesregierung muss mit Erdogan Tacheles reden

Der ehemalige Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir rief die Bundesregierung dazu auf, in der türkischen Wirtschaftskrise mit klaren Forderungen Einfluss auf das Land zu nehmen. Die Krise biete die Gelegenheit, die Türkei zu Reformen zu bewegen, sagte Özdemir im Interview mit NDR Info. Man müsse mit Präsident Recep Tayyip Erdogan "Tacheles reden und klare Bedingungen stellen, ihm klarmachen, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung gibt".

Jetzt sei die Gelegenheit, auf die Türkei Einfluss zu nehmen. Erdogan müsse seine ganze Politik ändern und alle zu Unrecht Inhaftierten freilassen, sagte der Grünen-Politiker. Bei der Modernisierung der Volkswirtschaft sei die auf Europa angewiesen. Dabei sei Deutschland der stärkste Handelspartner. Auch Erdogan wisse, dass er seine Macht gefährde, wenn die Wirtschaft zusammenbreche.

höh/sev/dpa/AFP