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Risikobericht des Weltwirtschaftsforums Verheerendes Bild vom Zustand der Welt

Knapp eine Woche vor Beginn seiner Jahrestagung in Davos hat das Weltwirtschaftsforum seinen jährlichen Risikobericht veröffentlicht. Der Ausblick ist wahrlich düster.
Schmelzender Santa-Ines-Gletscher in Punta Arenas, Chile

Schmelzender Santa-Ines-Gletscher in Punta Arenas, Chile

Foto: MARTIN BERNETTI/ AFP

Klimawandel, Datenkriminalität, geopolitische Krisen und weltwirtschaftliche Spannungen: Der aktuelle Risikobericht des Weltwirtschaftsforums zeichnet ein verheerendes Bild vom Zustand der Erde. "Globale Risiken nehmen zu. Gleichzeitig schwächt sich der kollektive Wille, sie zu bekämpfen, deutlich, und die Spaltung nimmt zu", heißt es in der Studie, die am Mittwoch in London vorgestellt wurde. Wie ernst die Lage ist, zeigen die Titel der einzelnen Kapitel: "Out of Control" (Außer Kontrolle) heißt eines, ein anderes "Fight or Flight" (Kampf oder Flucht).

Ein besonders großes Risiko geht demnach vom Klimawandel aus. Erstmals werden in dem jährlich erscheinenden Bericht Umweltprobleme als die drei drängendsten Herausforderungen genannt. Konkret sind dies Wetterextreme, Versagen beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel sowie Naturkatastrophen. "Von allen Risiken ist es bei der Umwelt am offensichtlichsten, dass die Welt in eine Katastrophe steuert", heißt es in der Studie. Aber auch Datenbetrug und -raub sowie Cyberattacken zählen demnach zu den großen Bedrohungen.

Knapp eine Woche vor dem Jahrestreffen in Davos von 22. bis zum 25. Januar rief das WEF mit Nachdruck zur Zusammenarbeit auf. "Es gab nie einen dringenderen Bedarf für einen kollaborativen und gemeinsamen Ansatz für globale Probleme, die alle betreffen", schreibt WEF-Präsident Børge Brende im Vorwort des "Global Risk Reports".

Doch das WEF zeigt sich zugleich äußerst skeptisch, dass die Menschheit die Herausforderung annimmt und angeht. Mit Blick auf die zunehmenden nationalen Egoismen und die daraus resultierenden politischen und wirtschaftlichen Konflikte, so warnt die Organisation, sei es schwieriger geworden, gemeinsame Fortschritte bei den globalen Herausforderungen zu erzielen.

Diskussionsvorschlag für Davos

Traditionell stellt das WEF den Weltrisikobericht rund eine Woche vor Beginn der Tagung in den Schweizer Alpen vor. Die Organisation versteht die Studie als eine Art Leitfaden für die zentralen Fragen des Jahres 2019.

Davos - Tagungsort des Weltwirtschaftsforums

Davos - Tagungsort des Weltwirtschaftsforums

Foto: ARND WIEGMANN/ REUTERS

In Davos diskutieren in diesem Jahr mehr als 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft unter dem Motto "Globalisierung 4.0: Auf der Suche nach einer globalen Architektur im Zeitalter der vierten industriellen Revolution". Erwartet werden unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der chinesische Vizepräsident Wang Qishan und Brasiliens neuer Staatschef Jair Bolsonaro. US-Präsident Donald Trump hatte seinen Besuch mit Verweis auf den Haushaltsstreit mit den Demokraten abgesagt, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bleibt wegen der Proteste der "Gelben Westen" zu Hause.

In ihrem Bericht warnen die Autoren auch vor den Folgen der aktuellen Handelskonflikte, etwa zwischen den USA und China oder zwischen den USA und der EU. "Wirtschaftspolitik (...) wird heutzutage zunehmend als Mittel des strategischen Wettbewerbs gesehen", heißt es. Dabei betont der Bericht, dass diese Krisen lange nicht ausgestanden sind. So rechnen 91 Prozent der Befragten mit wirtschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen den wichtigsten Staaten, und 85 Prozent erwarten ein erhöhtes Risiko politischer Konfrontation. "In vielen Ländern ist die Polarisierung auf dem Vormarsch.

Zusammenhalt der Gesellschaften bedroht

In manchen Fällen fasern die sozialen Verträge aus, die die Gesellschaften zusammenhalten", warnte WEF-Präsident Brende. Eine gewichtige Rolle dabei spiele die nachlassende Dynamik des Wirtschaftswachstums. Hinzu käme, dass die Entwicklung an den Finanzmärkten immer weniger vorhersagbar geworden sei. Ein weiteres Problem sei die weltweite Schuldenlast: Sie betrage nun 225 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und damit mehr als vor der jüngsten Finanzkrise.

Nicht zuletzt warnt das WEF vor der "menschlichen Seite" globaler Risiken. "Für viele Menschen ist dies eine zunehmend beängstigende Welt, die unglücklich und einsam mache", heißt es in dem Bericht. Schätzungen zufolge würden etwa 700 Millionen Menschen weltweit an psychischen Problemen leiden. "Dies ist ein Zeitalter beispielloser Möglichkeiten und technologischen Fortschritts, aber für zu viele Menschen ist dies auch ein Zeitalter der Unsicherheit", mahnte WEF-Präsident Brende.

Als Denkanstöße für das Treffen in Davos formulierte das WEF in dem Risikobericht zehn "Zukunftsschocks" als theoretische Szenarien. Dazu zählen die Autoren unter anderem sogenannte Wetterkriege - also Klimamanipulationen zur Schwächung von Gegnern - und die absichtliche Unterbrechung der Nahrungsversorgung. Weitere Szenarien sind ein Ende der Wasserversorgung in Großstädten sowie die Verlagerung geopolitischer Konflikte ins Weltall. Es handele sich bei all diesen Szenarien um eine Mahnung, kreativ über Risiken nachzudenken und das Unerwartete zu erwarten.

mik/dpa
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