Colin Kroll (†34): Böse Gerüchte über Quiz-App-König

Sexistisches Benehmen, Schürzenjäger, schlechte Managementqualitäten: Vine-Gründer soll Lotterleben geführt haben

Colin Kroll (†34) wurde am 17. Dezember tot in seiner New Yorker Wohnung gefunden

Colin Kroll (†34) wurde am 17. Dezember tot in seiner New Yorker Wohnung gefunden

Foto: Getty Images Entertainment/Getty Images
Von: Herbert Bauernebel

Der mysteriöse Tod des Quiz-App-Königs Colin Kroll (†34) durch eine mutmaßliche Überdosis mit Heroin und Kokain schockiert New York.

Er wurde am Wochenende tot im Schlafzimmer seines Apartments in SoHo (Manhattan) gefunden. Er lag mit dem Gesicht nach unten im Bett, Utensilien für den Drogenkonsum daneben. Heroin und Koks wurden gefunden, heißt es aus Polizeikreisen. Zur Todesursache ist noch nichts bekannt.

Kroll galt als Star der Tech-Szene: Er hatte zuerst die Videoplattform Vine mitgegründet, die an Twitter verkauft wurde. Dann startete er die Internet-Quizshow HQ Trivia, die täglich Millionen anlockte – eine Weile zumindest.

HQ Triva hatte zuletzt stark an Popularität verloren. Ob dessen Niedergang eine Rolle bei Krolls Tod spielte, ist Gegenstand heftiger Spekulationen.

Sein Vater Alan sagte gegenüber der „New York Times“, dass sein Sohn unter enormem Stress litt. Er wusste, dass er Drogen konsumierte, „er hat zu viele Stunden zu hart gearbeitet“, oft 100 Stunden pro Woche. Alan Kroll: „Er ist New York City zum Opfer gefallen irgendwie.“ Der Vater gab aber auch an, dass Kroll kürzlich mit dem Trinken aufgehört und generell „kein echtes Drogenproblem“ gehabt hätte.

Colin hatte vor, seinen Vater in Michigan für zehn Tage über die Feiertage zu besuchen. Angeblich hätte er auch erwogen, aus New York wegzuziehen. „Er hatte so viel Talent und bereits derart viel in seinen jungen Jahren erreicht“, so der trauernde Vater: „Mit solchen Fähigkeiten und Errungenschaften schon im Alter von 34 kann man sich nur ausmalen, was er mit 50 alles gemacht hätte …“

Kroll galt als Star der Tech-Szene

Kroll galt als Star der Tech-Szene

Foto: BRYAN STEFFY / AFP

Führungsstil umstritten

Seine steile Karriere begann Kroll als Manager bei Yahoo, war dann eines der Gründungsmitglieder von Vine, eine Art Video-Twitter mit nur sechs Sekunden langen Clips. Der Kurznachrichtendienst kaufte Vine 2012 in einem Multi-Millionen-Deal. Kroll kümmerte sich dann auch eine Weile bei Twitter um den Dienst. Letztendlich aber wurde er gefeuert, offiziell wegen „schlechter Managementqualitäten“. Einerseits hätte er sich der Integration von Vine in Twitters Systemarchitektur widersetzt. Schließlich stellte Twitter Vine ein.

Ein wenig schmeichelhaftes Porträt von Krolls Führungsstils wurde gezeichnet: Er wäre aggressiv und desinteressiert gewesen, hätte Kollegen beleidigt, wäre manchmal zu spät zur Arbeit gekommen, verkatert und zerzaust. Andere beklagten ein „aufbrausendes, ungeheuerliches Benehmen“.

Es gab auch Beschwerden über mutmaßlich sexistisches Benehmen – sein Verhalten wurde als „unheimlich“ beschrieben, so das Tech-Portal „recode“. Einige Investoren fanden das Getuschel mulmig: „Man hört Gerüchte, dass er ein Schürzenjäger sein soll, vielleicht ein Codewort für Verdachtsmomente wegen sexueller Belästigung“, urteilte Lightspeed Venture Partners, ein HQ-Investor.

Jeremy Liew, der Chef von Lightspeed und Mitglied des Vorstands bei HQ, ging den Vorwürfen nach und stieß auf fragwürdige Aspekte bezüglich Krolls Benehmen. Doch die Fehltritte wären nicht gravierend genug gewesen, um ein Absetzen des Managers zu rechtfertigen. Auch gab es nie Anzeigen gegen ihn.

Aufstieg und Fall eines Superstars

Kroll hatte das Start-up HQ Trivia mit dem anderen ehemaligen Vine-Mitgründer Rus Yusupov gegründet. Auch Yusupov genoss keinen besonders guten Ruf.

HQ Trivia wurde zunächst zur Erfolgsstory: Die 15 Minuten lange, live über eine App übertragene Sendung, bei der zwölf Fragen beantwortet werden müssen für Cash-Preise, startete im August 2017, wenige Monate später waren bei den zwei täglichen, interaktiven Sendungen mehr als eine Million Menschen live dabei.

Zuletzt allerdings war das Interesse verpufft: Die App rangierte nur mehr auf Platz 216 in Apples App-Store.

HQ sammelte dieses Jahr 15 Millionen Dollar von Venture-Kapitalgebern ein. Kroll hatte auch erstmals zu den Gerüchten sexueller Belästigungen Stellung genommen: „Es war eine schmerzhafte Erfahrung, aber auch ein Katalysator für meine berufliche Weiterentwicklung“, sagte er zu „Axios“. Und entschuldigte sich: „Mir ist jetzt klar, dass ich Dinge gesagt und getan habe, durch die sich einige unbehaglich gefühlt haben könnten.“

Vater Alan Kroll erinnert sich, dass Colin die negativen Medienstorys hart getroffen hätten: Er wäre ein „harter Boss“ mit „hohem Arbeitsethos“ gewesen. Alan zog seine drei Söhne in einem Vorort von Detroit groß: „Colin hatte wenig Verständnis für solche, die nicht mithalten konnten – ich musste ihn oft darauf hinweisen, dass so ein Tempo nicht für alle ist.“

Einer der Spielmoderatoren von HQ Trivia, Scott Rogowsky, war bei einer der Quizshows nach Krolls Tod ganz in Schwarz gekleidet. Er würdigte „CK“, wie der Entrepreneur oft genannt wurde, als „wahren Visionär“.

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