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Ende des Bataclan-Prozesses Hauptangeklagter Salah Abdeslam zu lebenslanger Haft verurteilt

132 Menschen starben bei den islamistischen Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris. Im Mammutprozess hat das Schwurgericht nun die Urteile verkündet – die 20 Angeklagten sind schuldig.
Die Box der Angeklagten am vorletzten Prozesstag am 27. Juni

Die Box der Angeklagten am vorletzten Prozesstag am 27. Juni

Foto: Benoit Peyrucq / AFP

Im Mammutprozess um die islamistischen Anschläge von Paris im November 2015 sind die Urteile verkündet worden: Der Hauptangeklagte Salah Abdeslam, der einzige Überlebende des Terrorkommandos, wurde wegen Terrorismus und Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, die härteste Strafe in Frankreich. Er soll keine Möglichkeit zur Haftverkürzung vor Ablauf von 30 Jahren bekommen. Das verkündete das zuständige Schwurgericht im Pariser Justizpalast.

Neben dem 32 Jahre alten Abdeslam wurden 18 weitere Angeklagte wegen verschiedener Straftaten in Verbindung mit Terrorismus verurteilt, ein weiterer wegen eines Betrugsdelikts. In den Fällen sprach das Gericht teilweise ebenfalls lange Haftstrafen aus, das Strafmaß reicht von zwei Jahren bis lebenslang.

Prozessteilnehmer vor der Urteilsverkündung: 19 von 20 Angeklagten sind in allen Anklagepunkten schuldig

Prozessteilnehmer vor der Urteilsverkündung: 19 von 20 Angeklagten sind in allen Anklagepunkten schuldig

Foto: CHRISTOPHE PETIT TESSON / EPA

Hunderte Opfer

Der Prozess hatte neun Monate lang die Anschlagsserie vom 13. November 2015 aufgerollt. Damals hatten Extremisten 130 Menschen getötet und 350 weitere verletzt. Sie richteten ein Massaker im Konzertsaal Bataclan an und verbreiteten Terror in Bars und Restaurants. Drei Selbstmordattentäter sprengten sich während des Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich am Stade de France in die Luft. Ein Attentäter wurde noch am Abend von der Polizei erschossen. Weitere starben bei einem Polizeieinsatz wenige Tage später.

Abdeslam hatte sich bei den Anschlägen nicht wie geplant in die Luft gesprengt. Er habe im letzten Moment Abstand von seinem Plan genommen, sich in einem Café im 18. Arrondissement in die Luft zu sprengen, hatte er im Februar ausgesagt . Weil die Leute, die dort saßen, doch alle gewesen seien wie er: jung und froh, ausgehen zu können. Bis zu dem Prozess hatte Abdeslam sechs Jahre lang geschwiegen. »Ich habe Fehler gemacht, das stimmt«, sagte Abdeslam, »aber ich bin kein Mörder, ich habe nicht getötet. Wenn Sie mich des Mordes verurteilen, begehen Sie eine Ungerechtigkeit.«

Das Gericht folgte Abdeslams Argumentation nicht. »Das Gericht ist der Ansicht, dass die Sprengstoffweste nicht richtig funktioniert hat«, sagte Richter Jean-Louis Périès. Salah Abdeslam sei »schuldig, Mitglied eines terroristischen Netzwerks zu sein«.

Abdeslam war bereits in Belgien zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden und sitzt derzeit in Frankreich unter besonderen Auflagen in Haft.

Von den weiteren 19 Angeklagten wurde sechs der Prozess in Abwesenheit gemacht. Ein Beschuldigter sitzt in der Türkei in Haft, fünf sollen in Syrien gestorben sein. Die Angeklagten besorgten unter anderem Papiere, fuhren Abdeslam außer Landes oder waren verhinderte Attentäter.

Opferhilfeverein will sich auflösen

Die Anschläge haben Frankreich nachhaltig verändert. Vielen galten sie als Angriff auf die französische Lebensart. Im Gegensatz zu früheren Anschlägen gegen bestimmte Berufsgruppen oder Konfessionen schien nach dieser Terrornacht niemand mehr sicher. Nach Überzeugung der Anklage war es den Extremisten egal, wen sie töteten.

In Frankreich hatten sich viele vom Prozess Antworten der Beschuldigten und teils auch der Politik erhofft. Ein wesentlicher Erkenntnisgewinn blieb aber aus. Zu Drahtziehern und Plänen der Terrormiliz gaben die Angeklagten keine Auskunft.

Zum Abschluss des Prozesses kündigte der Opferhilfeverein »Life for Paris« an, sich zum zehnten Jahrestag der Anschläge aufzulösen – also 2025. Der Verein teilte mit: »Das Ende des Prozesses muss auch den Beginn eines ›Danach‹ markieren, auf das wir alle hoffen. Auch, wenn wir dessen Form noch nicht kennen.«

ptz/Reuters/AP/dpa
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