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Dieselfahrverbote EuGH-Gutachter schließt Zwangshaft gegen deutsche Politiker aus

Weil Bayern ein Urteil zur Luftreinhaltung nicht umsetzte, wollte die Deutsche Umwelthilfe Politiker ins Gefängnis schicken lassen. Jetzt erhält die Organisation einen Dämpfer.
Autos auf dem Mittleren Ring in München (Archiv): Zu jeder erforderlichen Maßnahme verpflichtet

Autos auf dem Mittleren Ring in München (Archiv): Zu jeder erforderlichen Maßnahme verpflichtet

Foto: Andreas Gebert dpa/lby

Im Streit über Fahrverbote in München muss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder keine Zwangshaft fürchten. Dieses Mittel für Politiker oder Amtsträger zur Einhaltung von EU-Recht sei mangels gesetzlicher Grundlage in Deutschland nicht möglich, sagte der zuständige Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.

Hintergrund ist ein Fall vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Deutsche Umwelthilfe hatte die Zwangshaft beantragt, weil Bayern ein rechtsgültiges Urteil des Verwaltungsgerichts München von 2012 über mögliche Fahrverbote nicht umgesetzt habe. Beschränkungen für Dieselfahrzeuge sollen aus Sicht des Umweltverbands helfen, die Belastung mit Stickoxiden unter gültige EU-Grenzwerte zu drücken.

"Da hat er recht", kommentierte Söder die Einschätzung des EuGH-Generalanwalts Henrik Saugmandsgaard Øe. Der CSU-Chef wies aber darauf hin, dass dies noch kein Urteil sei. Es wird erst in einigen Wochen erwartet.

EuGH-Gutachter nennt Bayerns Weigerung "schwerwiegend"

Nach EU-Recht sind "alle erforderlichen Maßnahmen" zu treffen, um die Einhaltung der entsprechenden Richtlinie zu garantieren. Aber umfasst das auch Zwangshaft? Der Generalanwalt sagte in seinem Gutachten: Nein.

Zwar könne die Weigerung des Freistaats Bayern, das Urteil umzusetzen, gravierende Folgen haben, auch für die Gesundheit und das Leben der Menschen. Der Jurist hält es für "schwerwiegend", eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung nicht umzusetzen.

Zwangshaft ohne klare gesetzliche Regelung in Deutschland widerspräche jedoch der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, die auch das Recht auf Freiheit garantiere, sagte der Gutachter. Es sei Sache des nationalen Gesetzgebers, ob er eine gesetzliche Regelung zur Zwangshaft für wünschenswert halte.

Auf europäischer Ebene gebe es bereits ein Zwangsmittel, nämlich das Vertragsverletzungsverfahren, sagte der Generalanwalt weiter. Demnach kann die EU-Kommission gegen EU-Staaten klagen, die sich nicht an europäisches Recht halten. Tatsächlich sei der EuGH auch bereits mit einer solchen Klage gegen Deutschland befasst, und zwar genau wegen der Luftverschmutzung in München und anderen Städten. In solchen Verfahren kann der EuGH letztlich sehr hohe Strafen verhängen.

jki/dpa