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SPIEGEL-Umfrage zum CDU-Vorsitz Wenn zwei sich streiten, freut sich der Röttgen

Lange galt Norbert Röttgen als Außenseiter im Rennen um den CDU-Vorsitz. Eine SPIEGEL-Umfrage zeigt nun, dass ihn die Deutschen Armin Laschet vorziehen. Auch für Friedrich Merz sind die Ergebnisse unangenehm.
Außenpolitiker mit steigenden Außenseiterchancen: CDU-Politiker Röttgen

Außenpolitiker mit steigenden Außenseiterchancen: CDU-Politiker Röttgen

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Jonas Güttler / dpa

Ende dieser Woche hätte die Entscheidung fallen sollen: Die CDU wollte endlich ihren neuen Vorsitzenden wählen. Für die Partei wäre damit ein nervenzehrender Machtkampf zu Ende gegangen. Doch die CDU-Spitze entschied, den Parteitag angesichts der Corona-Lage zu verschieben – auf voraussichtlich Mitte Januar.

Dieses Zeitfenster, so behauptete der Kandidat Friedrich Merz, wolle sein Konkurrent Armin Laschet nur zur Steigerung seiner Beliebtheitswerte nutzen. Der NRW-Ministerpräsident wies das entschieden zurück. Womit wohl keiner von beiden gerechnet hatte: Dass ihnen der dritte Kandidat Norbert Röttgen noch gefährlich werden könnte.

Wenn es nach der Stimmung in der Bevölkerung geht, wäre aber genau dies der Fall. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den SPIEGEL zeigt, dass Röttgen inzwischen deutlich besser abschneidet als Laschet – und fast so gut wie Merz.

Bei der Frage, wer am ehesten für den CDU-Vorsitz geeignet sei, stimmten mehr als 27 Prozent für Röttgen. Damit rückt er an Friedrich Merz heran, der gut 33 Prozent der Stimmen erhielt. Laschet hingegen ist mit weniger als 13 Prozent weit abgeschlagen.

Im Unterschied zu früheren SPIEGEL-Umfragen standen diesmal die Optionen »ein anderer Kandidat« sowie Jens Spahn nicht zur Auswahl. Der Bundesgesundheitsminister hatte sich im Februar als Tandempartner hinter Laschet gestellt. Seine steigenden Beliebtheitswerte während der Pandemie führten in der CDU aber zu Diskussionen, ob er nicht die Rolle mit Laschet tauschen solle. Bei der letzten Umfrage sprachen sich gut 23 Prozent der Befragten für Spahn als CDU-Chef aus.

Doch vergangene Woche schloss Laschet einen solchen Wechsel mit Spahn aus. Es scheint nun, als seien die Befürworter einer Spahn-Kandidatur in der Umfrage zu großen Teilen auf Röttgen umgeschwenkt.

Das Meinungsbild in der Gesamtbevölkerung ist für den CDU-Vorsitz natürlich nicht entscheidend, die Wahl treffen die 1001 Delegierten.

Eine Auswertung der Umfrage nach Parteipräferenzen zeigt allerdings, dass auch die Unionsanhängerinnen und -anhänger deutlich mehr von Röttgen halten als von Laschet. Merz' Vorsprung ist in dieser Gruppe mit 43 Prozent komfortabler, Röttgen liegt rund 20 Prozentpunkte hinter ihm. Auch unter den Anhängern von FDP und AfD ist Merz klar am beliebtesten.

Anders sieht es bei Anhängern von SPD und Grünen aus, bei denen Röttgen jeweils mehr als 40 Prozent Zustimmung erreicht. Insgesamt liegt Röttgen in allen Gruppen vor Laschet – eine Konstellation, die Anfang des Jahres kaum vorstellbar gewesen wäre.

Zu dem offenen Kandidatenrennen und den ungeklärten Fragen zur Durchführung eines digitalen Parteitags kommt für die CDU noch eine weitere Herausforderung. Denn nach der Wahl des Vorsitzenden stellt sich die Frage nach der Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl. In der Gesamtbevölkerung schneidet aber keiner der drei Vorsitzkandidaten gut ab.

Die meisten Deutschen halten weiterhin CSU-Chef Markus Söder für den am besten geeigneten Kanzlerkandidaten der Union. Dies zeigt eine weitere Civey-Umfrage für den SPIEGEL.

Der bayerische Regierungschef hat offenbar viele Menschen mit seinem Krisenmanagement in der Corona-Pandemie überzeugt, obwohl die Infektionslage in seinem Bundesland selten besser war als anderswo .

Mehr als 40 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dabei für Söder aus, nur knapp 20 Prozent für Friedrich Merz. Norbert Röttgen kommt lediglich auf 8,4 Prozent – was auch daran liegen dürfte, dass mit ihm als CDU-Chef am ehesten ein Kanzlerkandidat Söder denkbar wäre. Dass Merz oder Laschet zugunsten des Bayern verzichten, ist unwahrscheinlicher.

Für Friedrich Merz ist besonders das Ergebnis unter Unionsanhängern ernüchternd. Nur knapp 22 Prozent der Befragten aus dem eigenen Lager trauen ihm die Kanzlerkandidatur zu, fast 56 Prozent halten Söder für den Kandidaten mit den besten Chancen. SPD- und Grünenanhänger hätten Söder oder Röttgen lieber als Merz.

Einziges Problem: Markus Söder hat bislang keinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur angemeldet und will sich mit der Festlegung noch Zeit lassen. Beim Parteitag der Jungen Union am vergangenen Wochenende sagte Söder: »Nicht zu früh, nicht zu früh den Kanzlerkandidaten.«