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Trockenheit in Deutschland Die Angst vor der Dürre

Waldbrände, Ernteausfälle - auch wenn es in den kommenden Tagen regnet, bleiben die Böden in Teilen Deutschlands viel zu trocken. Dabei spielt auch der Klimawandel eine Rolle.
Fichtenwalde in Brandenburg: Deutschlands Böden sind staubtrocken.

Fichtenwalde in Brandenburg: Deutschlands Böden sind staubtrocken.

Foto: Ralf Hirschberger/ DPA

Auf den ersten Blick waren die Bedingungen ideal. Warm war es, Regen hätte die Festgäste auch nicht gestört. Doch genau das war das Problem: In vielen Gemeinden in Deutschland sind am vergangenen Wochenende die Osterfeuer abgesagt worden. Grund dafür war das hohe Waldbrandrisiko.

Die Lage in vielen Teilen des Landes ist schon jetzt besorgniserregend, obwohl der Sommer noch gar nicht begonnen hat: Das Umweltministerium in Brandenburg hat flächendeckend die höchste Waldbrand-Warnstufe fünf ausgerufen. Im Norden Sachsens dürfen wegen der teils sehr hohen Waldbrandgefahr einige Wälder vorerst nicht mehr betreten werden. Bis einschließlich Ostern fielen in der Region im Schnitt gerade einmal 2,1 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Das langjährige Mittel für April liegt bei 58,4 Litern. Bereits kurz nach Ostern brachen die ersten Brände aus.

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Stufe 5 von 5: Drohende Waldbrände in deutschen Forsten

Foto: Julian Stratenschulte/ DPA

Wirft man auf der Website des Deutschen Wetterdienstes (DWD) aktuell einen Blick auf den Waldbrandindex , dann liegt der vor allem im Nordosten Deutschlands auf der höchsten Warnstufe fünf: Neben Brandenburg ist der Süden Mecklenburg-Vorpommerns, das nördliche Sachsen, der Osten Sachsen-Anhalts sowie die Region um das niedersächsische Celle sehr stark gefährdet. Die zweithöchste Warnstufe herrscht unter anderem auch in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg.

In Thüringen sind die Böden jetzt schon trockener als im Juli 2018

Der Index wird unter anderem aus der Lufttemperatur, der Luftfeuchte, der Windgeschwindigkeit und der Niederschlagsmenge berechnet. Und er ist nur eine Momentaufnahme, erklärt der Meteorologe Andreas Brömser vom DWD. Höchstens vier Tage könne man so in die Zukunft blicken. "Aus den aktuell niedrigen Bodenfeuchtewerten kann man nicht schließen, welche Waldbrandgefahr wir im Sommer haben werden", sagt Experte Brömser.

Doch schon jetzt sei klar: In vielen Regionen Deutschlands sind die Böden zumindest aktuell viel trockener als im Durchschnitt. Nach DWD-Berechnungen lagen die Bodenfeuchtewerte im April dieses Jahres sogar noch einmal deutlich unter denen von 2018. "Sollte die trockene Witterung in den kommenden Monaten anhalten, könnte sich die Dürre des Jahres 2018 wiederholen oder sogar übertroffen werden", warnt der Agrarmeteorologe Udo Busch.

In diesem Fall müssten die Landwirte wieder Ertragseinbußen fürchten. Außerdem könnten dann in diesem Jahr auch Wälder und Pflanzen mit Wurzeln betroffen sein, die eigentlich die Feuchtigkeit in tieferen Bodenschichten anzapfen können. Denn auch dort sind die Speicher deutlich weniger gut versorgt als im Vorjahr. Durch die üppigen Niederschläge im Herbst und Winter 2017/2018 waren zumindest diese Reservoirs vor einem Jahr noch leidlich gut gefüllt. Das ist nun vorbei.

Der DWD rechnet vor, dass zwar im Deutschlandmittel in den Monaten Dezember 2018 sowie Januar und März 2019 mehr Niederschlag als üblich gefallen ist. Das zum Teil extreme Niederschlagsdefizit aus dem vergangenen Jahr sei in vielen Regionen aber noch nicht ausgeglichen.

Waldbrandgefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes für den 25.4.2019

Foto: Geobasisdaten Bundesamt für Kartographie und Geodäsie - DWD

In Thüringen ist Bodenfeuchte unter dem Gras aktuell schon so niedrig wie im Dürresommer 2018 Mitte Juli, so die Meteorologen. Selbst wenn man annähme, dass es ab jetzt viel Regen gebe, würde die Bodenfeuchte in Thüringen und Sachsen-Anhalt wohl noch bis in den Sommer hinein unter dem vieljährigen Mittelwert liegen, heißt es beim DWD.

"Erhöhung des Risikos von Waldbränden"

Der Forstbetrieb des Landes Niedersachsen warnt, die Gefahr von Waldbränden sei in diesem Jahr noch ein wenig höher als im Vorjahr. "Ursache sind die trockenen Pflanzenreste des vergangenen Jahres", so Sprecher Mathias Aßmann.

"Das konkrete Waldbrandrisiko an einem bestimmten Ort hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die auch jeweils voneinander abhängig sind", gibt der Forstwissenschaftler Christopher Reyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zu bedenken. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern hat er im Jahr 2017 eine Überblicksarbeit zu Waldbrandursachen im Fachmagazin "Nature Climate Change"  veröffentlicht.

Darin untersuchen die Wissenschaftler, wie eine Kombination von Dürre, Feuer, Wind, Insekten und Pilzbefall vielen Wäldern auf der Erde zunehmend zu schaffen macht. Die Zusammenhänge beim Waldbrandrisiko sind nicht immer einfach ersichtlich. So kann eine große Trockenheit in manchen Fällen das Waldbrandrisiko womöglich sogar senken - weil weniger Pflanzen zwischen den Bäumen wachsen und sich die Flammen so schlechter ausbreiten können.

Die grundsätzliche Aussage der Forscher ist jedoch unmissverständlich: "Wenn es durch den Klimawandel trockener und wärmer wird, gehen wir insgesamt von einer Erhöhung des Vorkommens und des Risikos von Waldbränden aus", warnt Reyer.

Feuerwehrverband fordert mehr Löschhubschrauber

Was der langfristige, großräumige Trend für ein ganz bestimmtes Waldgebiet bedeutet, das lässt sich nicht sagen. Geht alles gut und handeln die Menschen in der Region verantwortungsvoll, dann kann eine Zeit des hohen Waldbrandrisikos vielleicht auch einfach vorbeigehen - ohne dass ein Brand ausbricht.

Der Deutsche Feuerwehrverband fordert aber sicherheitshalber mehr Löschhubschrauber für Deutschland. Helikopter mit Außenlastbehältern seien für die Brandbekämpfung sinnvoll, sagte Verbandspräsident Hartmut Ziebs der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das ist ein vielfach praktiziertes Verfahren, scheitert aber manchmal an der Zahl der verfügbaren Hubschrauber." Die größten Wasserbehälter fassen nach seinen Angaben 5000 Liter und können nur von Helikoptern der Bundeswehr vom Typ CH-53 geflogen werden. "Die sind aber nicht immer verfügbar. Hier müsste die Bundeswehr ein paar mehr Hubschrauber vorhalten", sagte Ziebs.

Zumindest kurzfristig dürfte sich die Waldbrandsituation in Teilen Deutschlands zum kommenden Wochenende hin erst einmal entspannen, heißt es beim DWD. Gegen Freitag würden die Temperaturen vielerorts sinken, bis zum kommenden Montag sei dann auch mit Niederschlägen zu rechnen - auch wenn bisher niemand sagen könne, wo die genau fielen.

Neuer Sensor soll Warnung verbessern

Etwa 5 bis 15 Liter pro Quadratmeter seien im Schnitt zu erwarten. "Das feuchtet vorübergehend die Vegetation an und senkt das Brandrisiko", sagt Meteorologe Brömser. "Wenn danach aber wieder Sonnenwetter folgt, ist das nach zwei bis drei Tagen wieder verdunstet."

Helfen könnte bald auch ein neuartiger Waldbrand-Sensor, der an der Humboldt-Universität Berlin entwickelt worden ist. Er soll schon anschlagen, wenn noch gar kein Rauch zu sehen ist. Das System fahndet in der Luft nach dem Gas Wasserstoff, das bereits in der frühen Phase eines Schwelbrandes entsteht.

Kommerziell erhältlich ist der Sensor noch nicht, so die Forscher, Praxistests habe er aber schon gut bestanden. Manchmal wird es womöglich einfach darum gehen müssen, ausgebrochene Waldbrände früh zu erkennen. Um sie dann möglichst schnell zu löschen.

Mit Material von dpa