Jede Kunstform hat einige Stars – und doch überstrahlen nur die wenigsten Namen alle Epochen. Geht es an klassische Musik, so ist das Dreigestirn aus Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven auch Menschen geläufig, die sich überhaupt nicht für das Thema interessieren. Mozart, der am 27. Januar 1756 geboren wurde, nimmt in der Trias die Position des ultimativen Genies ein, dessen Werk wegen seines frühen Tods unvollendet blieb. Entsprechend viele Legenden ranken sich um den Salzburger.
10.000 Stunden, so lautet die Regel, müssen talentierte Musiker üben, bis sie ihr Instrument wirklich beherrschen. Mozarts Vater Leopold sorgte dafür, dass sein Sohn diese Zahl schnell erreichte. Einer Anekdote zufolge musste der junge Wolfgang Amadeus selbst dann am Klavier sitzen, wenn sein Vater Mittagsschlaf hielt. Angeblich zahlte es der Sohn dem Alten heim, indem er bei allem, was von Bach kam, den Schlussakkord ausließ. Leopold Mozart war derartig um seine Ruhe gebracht, dass er aus dem Bett aufsprang und den Akkord persönlich in die Tasten drosch.
Den Jungen reichte er als Wunderkind an den Höfen ganz Europas herum. Damit reiste der junge Mozart mehr als wohl jedes andere Kind der Zeit. Er entschied sich gegen Kirchenmusik, und wurde noch als Teenager Konzertmeister in Salzburg. Von 1781 bis zu seinem Tod 1791 arbeitete er als freier Komponist in Wien auch für Kaiser Joseph II. (die Österreicher haben also ein Recht, ihn für sich zu reklamieren).
Das populäre Bild seines Wirkens in Wien ist heutzutage von zwei Kunstwerken aus den 80er-Jahren geprägt. Milos Formans Film „Amadeus“ von 1984 zeichnet dem Komponisten als Popstar am Abgrund, dessen übergroßes Talent ihn sich an keine Regel bei Hof halten lässt, und den sein weniger talentierter Konkurrent Antonio Salieri in den Tod treibt. Das inspirierte den Österreicher Falco zu dem Song „Rock me, Amadeus“ – dieser Interpret war bestimmt nicht weniger schillernd als der Komponist, was die Vorstellung eines manischen Genies nur noch weiter befeuerte. „Er hatte Schulden, denn er trank, doch ihn liebten alle Frauen“ war die Botschaft, die Falco über Amadeus zu verbreiten hatte.
Wer Mozarts Musik in Werken wie „Don Giovanni“, „Die Zauberflöte“ oder seiner unvollendeten Großen Messe in c-Moll hört, der gewinnt eine Ahnung davon, dass dieser Mann komplexeste Harmonien fix und fertig im Kopf trug und sie beim Aufschreiben kaum mehr korrigieren musste. Es ist, als ob Mozart die Noten in die Luft warf und nur zusah, wie die Musik aufs Papier herunterregnete. Dieses Gefühl totalen Schwebens stellt sich wohl bei keinem anderen historischen Meister so ein wie bei ihm.
Falsch ist die Legende, dass der Komponist verarmt in einem Armengrab verscharrt wurde. Er steckte in finanziellen Schwierigkeiten – ein Beleg dafür, dass überragende Begabungen oft mit ebenso überragenden Defiziten zusammenfallen. Aber seine Beisetzung fand nicht im Massengrab statt. Doch selbst wenn es so gewesen wäre, würde das auch keine Rolle spielen: Wolfgang Amadeus Mozarts Musik beweist, dass Kunst einen Menschen vielleicht nicht retten, aber trotzdem unsterblich machen kann.
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Dieser Artikel wurde erstmals im Januar 2021 veröffentlicht.