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Mode Nachhaltige Sneaker

„Unternehmertum kann ein Teil der Lösung für das Klimaproblem sein“

Freie Redakteurin
Die Gründer von Allbirds: Tim Brown und Joe Zwillinger Die Gründer von Allbirds: Tim Brown und Joe Zwillinger
Die Gründer von Allbirds: Tim Brown und Joe Zwillinger
Quelle: Peter Prato
Keine neue Schuhmarke ist in Amerika zuletzt so stark gewachsen wie „Allbirds“. Das kalifornisches Start-up macht Sneaker aus nachhaltigen Materialien. Sogar Leonardo DiCaprio investierte. Zu Besuch bei Gründern mit ernster Mission.

In den Büros der Schuhmarke Allbirds in San Francisco begegnet man ständig Leonardo DiCaprio. Nicht persönlich, aber Fotos von dem Hollywoodschauspieler hängen an Pinnwänden, kleben auf humorvollen Collagen. „Ich weiß, hier sieht man ziemlich viel Leo“, gesteht Joey Zwillinger, einer der Gründer des Unternehmens. Doch es geht über Fandom hinaus: DiCaprio ist ein wichtiger Investor.

Aber das Investment, sagt Zwillinger, spiele eine zweitrangige Rolle. „DiCaprio ist einfach ein wichtiger Botschafter für uns, weil ihm der Umweltschutz sehr am Herzen liegt.“ Das verbindet den Star mit Allbirds, einer kalifornischen Marke für Sneaker, die ausschließlich aus natürlichen Materialien bestehen. Keine neue Schuhmarke ist in Amerika zuletzt so stark gewachsen: Im Gründungsjahr 2016 beschäftigte das Label sechs Mitarbeiter, heute sind es über 350, man hat Büros in London, Shanghai und Berlin eröffnet, der Wert des Unternehmens wird auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt.

Allbirds lancierte im ersten Jahr nur ein einziges Modell, den Wool Runner, einen Schuh aus Merinowolle von neuseeländischen Schafen. Noch vor dem zweiten Geburtstag waren davon eine Million Paar verkauft. Zu den Fans gehören nicht nur DiCaprio, sondern auch Barack Obama, Angelina Jolie, Sarah Jessica Parker sowie zahlreiche Tech-Manager und Gründer im Silicon Valley.

„Time“-Magazin bezeichnete die Sneaker in einem Artikel als den „bequemsten Schuh der Welt“
„Time“-Magazin bezeichnete die Sneaker in einem Artikel als den „bequemsten Schuh der Welt“
Quelle: Allbirds

Den Unternehmergeist der Westküste spürt man auch in der Zentrale von Allbirds. Drei historische Backsteingebäude besetzt das Unternehmen in der Innenstadt von San Francisco. „In diesem hier hatte Mark Twain sein Büro“, sagt Joey Zwillinger bei einem Rundgang durch die Räumlichkeiten. Zwillinger ist muskulös und bärtig, er trägt ein graues T-Shirt zur Jeans. Beim Rundgang stellt er junge Kollegen mit Strickmützen und Kopfhörern am Hals vor, in der Buchhaltung naschen sie Süßigkeiten aus Glasschalen, in der Rechtsabteilung isst man am Schreibtisch Burger mit Pommes.

Viel Holz, viele Pflanzen und kindliche Illustrationen von Bäumen, Blättern und Vögeln prägen die hellen Konferenzräume, die nach neuseeländischen Bäumen oder Vögeln benannt sind. An der Rezeption sitzt heute Ryan, der eigentlich als Texter arbeitet. „Bei uns arbeitet jeder mal als Rezeptionist“, sagt Zwillinger. „Das ist ein guter Weg, um Strukturen aufzubrechen und jeden daran zu erinnern, dass er nicht wichtiger ist als andere.“

Flache Hierarchien, Bioseife im Badezimmer und ein Bürohund namens Walnut: Man mag versucht sein, diese gut gelaunte Hipster-Mannschaft zu belächeln, aber sie hat eine Mission, der sie sich mit großer Ernsthaftigkeit widmet. Neben Merinowolle verwendet Allbirds für das Obermaterial seiner Schuhe einen patentierten Stoff, der aus den Fasern südafrikanischer Bäume gewebt wird.

Sneaker von Allbirds: In den Sohlen steckt Zuckerrohr, im Obermaterial Merinowolle
In den Sohlen steckt Zuckerrohr, im Obermaterial Merinowolle
Quelle: Allbirds

Für die Sohlen wird brasilianisches Zuckerrohr zu Schaum verarbeitet, in den Schnürsenkeln stecken recycelte Plastikflaschen, in den Einlegesohlen Rizinusöl. All diese Materialien haben sie selbst mit Herstellern ausgetüftelt, alle Lieferanten, Plantagen, Farmen oder Webereien, mit denen sie arbeiten, müssen von externen Umweltprüfstellen zertifiziert sein.

„Die Zertifikate sind extrem wichtig“, sagt Joey Zwillinger. „Wir können nicht ständig jede Plantage kontrollieren, wollen aber bestimmte Standards garantieren.“ Der Ingenieur und Experte für erneuerbare Energien gründete das Unternehmen gemeinsam mit Tim Brown, einem Ex-Profifußballer aus Neuseeland. Als dieser vor zehn Jahren über seinen nächsten Karriereschritt nachdachte, kamen ihm Schuhe in den Sinn. „Schon als Spieler trug ich Sneaker, die Farben und Modelle änderten sich ständig“, sagt Brown, ein großer, blonder Mann mit gewinnendem Sportlerlächeln. „Da sah ich eine Chance für die Idee, total simple, reduzierte Designs anzubieten.“

Als er sich näher mit der Schuhbranche beschäftigte, stellte er fest, dass diese noch auf einem anderen Gebiet Entwicklungshilfe brauchen konnte. „Gerade im Sportbereich arbeitet man viel mit synthetischen Stoffen, die schlecht für die Umwelt sind. Der Gewinndruck ist hoch, und daher muss alles so billig wie möglich produziert werden.“

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Brown malte sich Turnschuhe aus Merinowolle aus, die man von den Schafen seines Heimatlandes gewinnen könnte. Ein weiches Material, atmungsaktiv und wärmeregulierend. Eine Crowdfunding-Kampagne brachte Bestellungen im Wert von 120.000 US-Dollar ein. Doch Brown, ein Neuling im Business, war noch nicht so weit. In Joey Zwillinger fand er den Partner und Materialexperten, mit dem er die Geschäftsidee in Angriff nehmen wollte.

Dabei stand das Thema Nachhaltigkeit zunächst an zweiter Stelle. „Die Botschaft war nicht, wir machen ein nachhaltiges Produkt“, sagt Brown. „Die Botschaft war, wir machen ein tolles Produkt und stellen das so nachhaltig wie möglich her.“ Zwillinger und er wollen nicht nur Weltverbesserer, sondern auch gute Geschäftsmänner sein.

Die wissen: Weltweit sorgen sich Kunden zunehmend um den Einfluss ihrer Kaufentscheidungen auf die Umwelt, was auch andere Marken für nachhaltige Sneakers hervorgebracht hat, wie Veja aus Frankreich. Doch veganes Leder und recycelte Materialien allein überzeugen nicht auf einem Markt, auf dem Vernunft weniger zählt als Emotion, Schönheit und Image. „Der Kunde kauft nun mal, was ihm gefällt“, sagt Brown.

Der Allbirds-Schuh kam an: Ein simpler, logofreier Sneaker mit einer weißen Sohle, weich und anschmiegsam, sogar waschmaschinentauglich: Genau das richtige für Techies, die keine Zeit mit dem Binden von Schnürsenkeln verschwenden wollen. Der Preis von 110 Euro macht ihn erschwinglich, doch das minimalistische Design und das natürliche Material sprechen auch wohlhabende Menschen an, die niemanden mehr beeindrucken müssen. Natürlich half es, dass das „Time“-Magazin die Sneaker in einem Artikel als den „bequemsten Schuh der Welt“ bezeichnete.

Allbirds machte die Titelzeile der Geschichte zu seinem Slogan. Bei der Vermarktung bedient sich die Firma klassischer Strategien, in Sachen Produktion und Verkauf wird vieles anders gemacht. „In der Modebranche setzt man auf saisonale Trends und bringt ständig neue Produkte auf den Markt“, sagt Joey Zwillinger. „Das funktioniert nicht, wenn man Materialien verwenden will, die mit Rücksicht auf die Umwelt produziert werden. Der Weg vom Rohstoff zum fertigen Produkt ist bei uns sehr lang. Das bremst uns ab.“

Aber weil sie über eigene Onlineshops und Boutiquen (seit Anfang Oktober auch in Berlin) direkt an den Endkunden verkaufen, halten sie dem Neuheitendruck gut stand. Gleichwohl kommen immer wieder neue Produkte hinzu: Ballerinas, Kinderschuhe und sogar Socken. Mit amerikanischem Optimismus betonen die Geschäftspartner, dass Profitstreben und Umweltschutz sich nicht ausschließen müssen. „Der Klimawandel ist eindeutig das Problem unserer Generation. Aber ich glaube, dass Unternehmertum ein Teil der Lösung sein kann“, sagt Brown.

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