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  3. Der kalkulierte Skandal um die Smoothie-Werbung von „True Fruits“

Meinung Empörung über „True Fruits“

Werbung als Tabubrecher eines von links kontrollierten Diskurses

Mittlerweile wurde der Beitrag von der Instagram-Seite des Unternehmens entfernt Mittlerweile wurde der Beitrag von der Instagram-Seite des Unternehmens entfernt
Mittlerweile wurde der Beitrag von der Instagram-Seite des Unternehmens entfernt
Quelle: Twitter/True Fruits/Screenshot
Das Smoothie-Unternehmen „True Fruits“ provoziert mit sexistischer und rassistischer Werbung. Neu im Sortiment: Der Sun Creamie. Die Erregung in den sozialen Medien ist groß. „True Fruits“ ist sich keiner Schuld bewusst.

In der Politik sind Fakten nichts und Emotionen alles. Und in der Werbung? Da sind Inhalte nichts und Provokationen alles. Auf diesen Gedanken kommt man, wenn man sich die Anzeigen des Smoothie-Herstellers und Saftladens (keine Herabsetzung!) True Fruits anschaut.

In den vergangenen Jahren ist das Unternehmen aus Bonn mit Werbetafeln aufgefallen, die „bewusst verletzend“ mit rechter oder sexistischer Rhetorik spielen: „Oralverkehr –schneller kommst Du nicht zum Samenguss“, heißt es neben einer Yellow-Chai-Flasche. Einen schwarzen Smoothie-Drinks bewirbt der Satz: „Schafft es selten über die Grenze“.

Die einkalkulierte Kritik kam prompt. Geschadet hat es nicht: Produkt und Unternehmen befinden sich seit den Anzeigen, salopp gesagt, in aller Munde. Kein Wunder also, dass True Fruits jetzt noch einmal nachlegen wollte.

In dieser Woche wurde das neue Smoothie-Produkt Sun Creamie, das von der Verpackung her an eine Sonnenmilch erinnert, mit einem nicht minder provokanten Gleichnis beworben: Auf einem Werbebild, das auf Facebook vielfach geteilt wurde, sieht man links die blau-gelbe Smoothie-Flasche und rechts daneben eine braun gebräunte Frau, auf deren Rücken jemand mit Sonnenmilch einen ejakulierenden Penis aufgemalt hat. Die Botschaft daneben: „Sommer, wann feierst Du endlich Dein Cumback? #warmegedanken“. („Cum“ heißt Sperma auf Englisch.)

Auch dieses Mal liefen die Social-Media-Kanäle des Unternehmens heiß. Auch dieses Mal stellten sich die Werbeverantwortlichen als Rächer der moralisch Entrechteten und Mundtotgemachten hin. Interessant ist, welche ungewöhnlichen Verbindungen sich ergeben.

„Because we can“

Denn das Unternehmen ist wahrlich kein verlängerter Arm der AfD-Parteizentrale, wie es einige Ultra-Feminist*innen behaupten. Es handelt sich vielmehr um ein Start-up, das sich in seiner Unbekümmertheit um nichts weiter schert als um den Erfolg.

Dafür ist kein Preis zu hoch und keine Grenzverletzung zu debil. In den Werbebotschaften zeigt sich die zynische Sorglosigkeit eines „Work hard, party hard“-Milieus, das jede Sinnfrage mit Schulterzucken und der Allerweltsphrase beantwortet: „Because we can!“.

So liest sich nach dem kalkulierten Skandal auch der Erklärtext des Unternehmens auf Facebook, der ohne Punkt und Komma an die trunkene Sorglosigkeit eines Til Schweiger erinnert: „Ein paar sogenannte Aktivisten (bisher keine zertifizierte IHK Ausbildung) organisieren den Kreuzzug gegen jede Art von unkorrektem Humor. Unter dem Deckmantel der Fürsorge der Schwachen werden alle durch Empörungslärm zum Schweigen gebracht, die es wagen, sich gegen ihre moralische Vorherrschaft und Meinungsdiktatur auszusprechen.“

Die Schlussfolgerung: „Aber auch Leute die vermeintlich Gutes tun wollen, können hirnverbrannte Idioten sein, und das darf man auch ruhig aussprechen.“

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Stimmt natürlich. Was aber auch stimmt, ist, dass nicht diejenigen, die witzige Botschaften in die Welt hinausposaunen, darüber entscheiden, ob sie sexistisch oder rassistisch sind. Das entscheidet immer noch der Diskurs.

Oder anders gesagt: Auch Leute, die vermeintlich keine AfD-Sympathisanten sind, können hirnverbrannte Idioten sein. Die Strategie des geschichtsvergessenen Polterns folgt einem System. Es passt in eine Kommunikationswelt, wo nur noch derjenige Gehör findet, der sich in Grenzverletzungen überbietet und das Unsagbare nach dem Motto „Krass, krasser, am krassesten“ sagbar macht.

Was kommt als nächstes?

Werbung macht davor keinen Halt und inszeniert sich als Tabubrecher eines von links kontrollierten Diskurses, in den von rechts immer mit der Rechtfertigung hineingegrätscht wird: „Man wird ja doch noch sagen dürfen!?“

Und was wird man als Nächstes sagen und zeigen dürfen? Ein KZ-Bild als doppelironische Werbebotschaft für die Bahn? Ein Präsident, der einen autonomen Staat wie Grönland kaufen will? Natürlich, das wird alles nicht passieren. Im Westen herrscht ja das Gebot der Vernunft.

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