Im Konflikt mit Russland fordert die Ukraine von der Bundesregierung mehr Unterstützung. „Einerseits erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie eine klipp und klare öffentliche Warnung an Präsident Putin ausspricht und alle schmerzhaften Konsequenzen einer neuen militärischen Invasion anschaulich schildert“, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, vor dem Videotreffen der EU-Außenminister (am Montag) WELT AM SONNTAG.
Dazu gehörten „robusten Strafmaßnahmen“, wie eine „internationale Boykottierung und Ächtung der russischen Staatsführung samt Strafverfolgung vor dem Internationalen Strafgerichtshof für die Kriegsverbrechen“ und ein „totales Wirtschaftsembargo vor allem für Rohstoffimporte sowie kompletter Investitionsstopp“. Russland habe sich bisher sieben Prozent des ukrainischen Staatsgebiets „einverleibt“: „Daher darf man den strategischen Fehler von 2014 (bei der Annexion der Krim und Destabilisierung der Ostukraine; Anm. d. Red.) nicht wiederholen und tatenlos zusehen, wie Russland unbestraft neue Eroberungen vornimmt.“
Melnyk bekräftigte seine Forderung nach einer Nato-Mitgliedschaft seines Landes und wies Deutschland dabei eine besondere Rolle zu: „Gerade Deutschland, das eine besondere historische Verantwortung für die Nazi-Verbrechen gegen das ukrainische Volk zu tragen hat, muss die Vorreiterrolle spielen, damit die Ukraine Nato-Mitglied wird. Und zwar schnellstmöglich, ohne Wenn und Aber.“
Nur der zügige Beitritt Kiews zum Bündnis könnte einen neuen groß angelegten Krieg in Europa für immer verhindern. „Das mag für deutsche Ohren als Provokation Putins klingen. Ganz im Gegenteil: das wird eine kalte Dusche sein, die alle Hitzköpfe im Kreml abkühlen wird“, betonte Melnyk. Die Zugehörigkeit zur Nato sei „die einzige Garantie dafür, dass Moskau keine neue Intervention wagt“.
Der CDU-Vizefraktionschef für Außen- und Sicherheitspolitik im Deutschen Bundestag, Johann Wadephul, lehnte dagegen gegenüber WELT AM SONNTAG einen Beitritt der Ukraine zur Verteidigungsallianz in naher Zukunft ab: „Jetzt muss jede Möglichkeit zur Deeskalation genutzt werden. Auch deshalb ist klar: Ein Nato-Beitritt der Ukraine steht absehbar nicht auf der Tagesordnung.“
Moskau müsse aber wissen, „dass jede Verletzung der Souveränität der Ukraine eine geschlossene politische Reaktion des Westens zur Folge hätte“, sagte Wadephul.