Zur Eindämmung der Corona-Krise soll im thüringischen Jena ab der kommenden Woche das Tragen von Schutzmasken in Supermärkten und im Nahverkehr zur Pflicht werden. „In einer Woche soll das Tragen eines Mund-und-Nasen-Schutzes in Jenaer Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr verpflichtend werden“, teilte die Stadtverwaltung am Montagabend mit. Die Maßnahme sei vom Fachdienst Gesundheit angemahnt worden.
Neben Masken seien auch Tücher oder Schals als Schutz anerkannt – diese müssten aber auch die Nase und den Mund abdecken, erklärte die Verwaltung. Die Stadt habe eine „Grundausstattung an Masken, mit der Pflegekräfte, Ärzte, Fahrer im ÖPNV und andere in systemrelevanter Infrastruktur versorgt werden können“.
Ansonsten werde „in der Umsetzung bevorzugt auf die Jenaerinnen und Jenaer gesetzt“. Für die Versorgung der Bevölkerung gelte die eindringliche Bitte: „Nähen Sie sich selbst und anderen Menschen den wichtigen Mund-Nasen-Schutz, um die Verbreitung des Virus einzudämmen – jede Maske ist besser als gar keine Maske.“
Söder fordert „nationale Notfallproduktion“ von Schutzmasken
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat derweil eine „nationale Notfallproduktion“ von Schutzmasken gefordert. „Was wir dringend brauchen, sind mehr Masken, und zwar die hochwertigen Masken für unser gesamtes Personal in den Krankenhäusern und Arztpraxen“, sagte der CSU-Chef im ARD-„Morgenmagazin“. „Wichtig ist, dass wir eine nationale Notfallproduktion endlich bekommen.“
Die deutsche Wirtschaft müsse jetzt darauf umstellen. Es brauche einen ausreichenden Vorrat in Krankenhäusern, Arztpraxen und Altersheimen, forderte er.
Eine Schutzmaskenpflicht in Supermärkten wie in Österreich sei derzeit nicht geplant. Zuerst müsse man abwarten, ob die in Deutschland getroffenen Maßnahmen helfen. „Es ist wichtig, dass wir uns jetzt an die grundlegenden Beschränkungen halten (...) und nicht über Exit-Strategien nachdenken“, sagte Söder.
Scharfe Kritik von Ärzten
Intensivmediziner haben das Fehlen persönlicher Schutzkleidung in ambulanten Pflegediensten, Kliniken und Arztpraxen zuletzt als Staatsversagen kritisiert. „Es scheint so zu sein, dass es in Deutschland keine ausreichende Vorbereitung für einen solchen Ernstfall gab“, sagte Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, dem Evangelischen Pressedienst.
Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler fügte hinzu: „Dass es an diesen Hilfsmitteln fehlt, hat seinen Grund auch in fehlendem Geld für die nötige Vorratshaltung.“
Janssens widersprach der Einschätzung vieler Politiker, dass eine solche Krisensituation nicht vorhersehbar gewesen sei. „Schon im Jahr 2013 gab es einen Plan bezüglich einer möglichen Sars-Pandemie“, sagte er. „Hätte man darauf zurückgegriffen, hätten entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen.“ Die Lage sei eigentlich schon sehr früh vorhersehbar gewesen.
Die fehlende Beschaffung sei aber nicht nur dem Bund und den Ländern zuzurechnen, auch die Krankenhäuser und andere Stellen hätten sich nicht genügend Vorräte zugelegt. Dazu habe das Geld gefehlt.
Der Staat müsse notfalls Schutzkleidung auch beschlagnahmen können. „Die Gesetze der freien Marktwirtschaft dürfen in diesem Szenario nicht mehr zur Anwendung kommen. Es besteht eine Notlage, und der muss mit entsprechenden Maßnahmen entgegengetreten werden.“
Bayern hat sein Gesundheitssystem zuletzt weiter aufgerüstet. Die Eröffnung von 26 Hilfskrankenhäusern soll bei der Behandlung von Infizierten helfen. Dazu sollten insbesondere auch ehemalige, geschlossene Krankenhäuser reaktiviert und genutzt werden, sagte Söder. Auch werde das Personal weiter verstärkt. „Wir verhindern Tote, das muss unser Ziel sein – wir müssen Leben retten“, sagte Söder.